Coming of Age


Lifestyle, Jugendkultur und existentielle Ängste. Foto im Umfeld einer Demonstration gegen den Golfkrieg in Leipzig, wahrscheinlich Herbst 1990. Foto: Maria Notbohm
Lifestyle, Jugendkultur und existentielle Ängste. Foto im Umfeld einer Demonstration gegen den Golfkrieg in Leipzig, wahrscheinlich Herbst 1990. Foto: Maria Notbohm

Seit den 2000er Jahren erscheinen in bemerkenswerter Zahl Romane und Texte von Autor*innen, die von der Wende- und Nachwendezeit aus der Perspektive von Jugendlichen erzählen. Im Genre des Coming of Age, vielfach autobiographisch geprägt, verbinden die Texte hier generelle Themen des Erwachsenwerdens (erste Liebe, Konflikte zwischen den Generationen und mit Autoritäten, Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen jeder Art) mit den gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen der Wendezeit. 

 

Dieser Blick ‚von unten’ eröffnet neue Perspektiven auf den Umbruch: das Plötzliche, Unabsehbare und die Rasanz der Ereignisse werden ebenso sichtbar wie das Erwachsenwerden in jenem „fabelhaften Jahr der Anarchie“ (André Kubiczek). Während Eltern, Lehrer*innen und andere Bezugspersonen genug mit sich selbst zu tun hatten, erlebte die „Generation der Unberatenen“ (Bernd Lindner) im Chaos des Umbruchs das enge Nebeneinander von neuen Freiheiten und neuen Verlusten. Wut und Neugier, Überforderung und Rebellion, Ohnmacht und Gewalt stehen dicht beisammen. Damit erzählen die Texte auch von der Zerrissenheit jener Zeit, die bis heute nachwirkt. Davon, wie sich ehemalige Klassenkameraden plötzlich mit Baseballschlägern gegenüberstanden, wie sich Freund*innen das Hirn mit Drogen wegballerten oder wie sie einfach verschwanden.


Manja Präkels: Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

Verbrecher Verlag: Berlin, 2017

 

Manja Präkels beim Podcast "Durch die Gegend mit" (Viertausendhertz)

 

Der Verlagstext und eine Rezensionsnotiz bei Perlentaucher

 

Der Roman diente auch als Vorlage für eine Bühnenfassung am theater junge generation Dresden (R: Nils Zapfe), Uraufführung 2020.

 

Passt auch in die Kategorien Provinz und Wendebrüche.

»Alles ist wahr. Nichts stimmt. Ich habe den Zusammenbruch der DDR, ebenso wie meine Protagonistin Mimi, im zarten Alter von 15 erlebt. Pubertät und Systemausfall [...] fielen in eins. [...] Vor allem in meiner Zeit als Lokaljournalistin 1994–1998 habe ich vieles beobachtet, erlebt und gehört, dass letztlich als geronnene Erfahrung in den Roman eingeflossen ist. Mein Augenmerk liegt auf der sozialen Katastrophe, die mit dem Zusammenbruch des Staatskommunismus einherging, den unmittelbaren Auswirkungen auf Körper und Köpfe derer, die nicht mehr Kind und noch nicht erwachsen waren.«

 

Manja Präkels in einem Interview (2018) bei novelero.de


Jakob Hein: Kaltes Wasser

Galiani: Berlin, 2016

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorie Wendebrüche.

Andrea Hanna Hünniger:

Das Paradies. Meine Jugend nach der Mauer

Tropen: Stuttgart, 2011

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

Jana Hensel: Zonenkinder

Rowohlt: Reinbeck, 2002

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorie Wendebrüche.

»Heute, mehr als zehn Jahre später und nach unserem zweiten halben Leben, ist unser erstes lange her, und wir erinnern uns, selbst wenn wir uns anstrengen, nur noch an wenig. Ganz so, wie unser ganzes Land es sich gewünscht hatte, ist nichts übrig geblieben von unserer Kindheit, und auf einmal, wo wir erwachsen sind und es beinahe zu spät scheint, bemerke ich all die verlorenen Erinnerungen. Mich ängstigt, den Boden unter meinen Füßen nur wenig zu kennen, selten nach hinten und stets nur nach vorn geschaut zu haben. Ich möchte wieder wissen, wo wir herkommen, und so werde ich mich auf die Suche nach den verlorenen Erinnerungen und unerkannten Erfahrungen machen, auch wenn ich fürchte, den Weg zurück nicht mehr zu finden.«

Jana Hensel: Zonenkinder, S. 14


Sascha Lange: DJ Westradio

Aufbau: Berlin, 2007

 

Rezension "Die DDR war nur mit West-Mucke auszuhalten" u.a. über Sascha Langes Buch in der Welt vom 12.8.2007

 

Clemens Meyer: Als wir träumten

Fischer: Frankfurt a.M., 2006

 

Rezension "Unter Straßenkötern" auf literaturkritik.de

 

Eine "autobiografische Stadtrundfahrt durch Leipzig in 65 Schnappschüssen" mit dem Autor bei MDR Kultur

 

Trailer zur gleichnamigen Verfilmung (R: Andreas Dresen) von 2015

 

Passt auch in die Kategorie Wendebrüche.

»Es gibt keine Nacht, in der ich nicht von alldem träume, und jeden Tag tanzen die Erinnerungen in meinem Kopf, und ich quäle mich mit der Frage, warum das alles so gekommen ist. Sicher, wir hatten eine Menge Spaß damals, und doch war bei dem, was wir taten, eine Art Verlorenheit in uns, die ich schwer erklären kann.«

 

Clemens Meyer: Als wir träumten, S. 14


Julia Schoch: Schöne Seelen und Komplizen

Piper: München, 2018

 

Rezension "Zwischen dem, was sein müsste, und dem, was ist" auf literaturkritik.de

 

Passt auch in die Kategorie Wendebrüche.

Susanne Leinemann: Aufgewacht. Mauer weg

DVA: München, 2002

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorie West-Ost/Ost-West.

»Ich will mich erinnern und zurückgehen in die 80er Jahre, als die DDR für uns junge Westdeutsche unendlich weit weg lag und eine Entdeckung des zweiten Deutschlands aufregend wie eine Safari sein konnte. Als die Bundesrepublik für junge Ostdeutsche unerreichbar blieb, aber im Alltag immer präsent war. Zu den Tagen des Novembers 1989, in denen wir gemeinsam jubelnd und feiernd auf der Mauer tanzten. Und zur Enttäuschung danach.«

Susanne Leinemann: Aufgewacht. Mauer weg, S. 11


Jochen Schmidt: Schneckenmühle

Beck: München, 2013

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Interview mit dem Autor "Das Ende von der Kindheit ist einer der radikalsten Brüche" im Deutschlandfunk vom 5.6.2013

 

Hendrik Bolz: Nullerjahre. Jugend in blühenden Landschaften

Kiepenheuer & Witsch: München, 2022

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Der Autor im Gespräch zu seinem Buch "Nichts Schönes gab es hier", Tagesspiegel vom 15.2.2022

 

Peter Richter: 89/90

Luchterhand: München, 2015

 

Rezension "Wende im Tal der Ahnungslosen" auf literaturkritik.de

 

Das Buch diente als Vorlage für eine Theaterinszenierung unter der Regie von Claudia Bauer, die 2016 am Schauspiel Leipzig Premiere feierte. 

 

Passt auch in die Kategorie Herbst der Entscheidung.

»Als [...] die Sonne zum letzten Mal unterging über dem ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden, dem kleinen Scheißland, das aber irgendwie dann doch das unsere war, bezogen wir unsere Posten, deponierten die Munition und hielten uns bereit.«

Peter Richter: 89/90, S. 404


Marcel Rabe: Westen Werden

Connewitzer Verlagsbuchhandlung: Leipzig, 2020

 

Vorstellung und Auszüge aus dem Buch im Podcast "Projekt Umbruch" vom 29.10.2020

Sabine Rennefanz: Eisenkinder. Die stille Wut der Wendegeneration

Luchterhand: München, 2013

 

Rezension "Die Verwirrungen der Talente-Schülerin Rennefanz" auf literaturkritik.de

 

Ein Interview mit der Autorin in der FAZ vom 12.3.2013

 

Passt auch in die Kategorie Wendebrüche.

»Nicht nur die anderen, die sich den Schädel rasierten und die Deutschlandkarte in den Grenzen von 1939 aufhängten, waren empfänglich für einfache Wahrheiten. Auch ich sehnte mich nach Übersichtlichkeit, nach Einfachheit, nach einer Heimat. Ich hätte wahrscheinlich Islamistin, Scientologin oder vielleicht, unter besonderen Umständen, Neonazi werden können. Es war nur eine Frage, wer mich zuerst ansprach.«

 

Sabine Rennefanz: Eisenkinder, S. 121


Björn Stephan: Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau

Galiani/Kiepenheuer & Witsch: Köln, 2021

 

Rezension "Wie überlebt man Schwerin?" in der SZ vom 10.3.2021

 

 

 

 

Claudia Rusch: Meine freie deutsche Jugend

Fischer: Frankfurt a.M., 2003

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

Kathrin Aehnlich: Alle sterben, auch die Löffelstöre

Arche: Zürich, 2017

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

 

 

 

 

 

 


A. Kubiczek: Das fabelhafte Jahr der Anarchie, O. G. Wachlin: Grenzwärts, L. Rietzschel: Mit der Faust in die Welt schlagen, D. Krien : Irgendwann werden wir uns alles erzählen, J. Bisky: Geboren am 13. August, J. Zander: Johnny Ohneland, T. Sila: Tierchen unlimited, R. Ide: Geteilte Träume, A. Osang: Fast hell, M. Brasch: Ab jetzt ist Ruhe, A. Platthaus: Freispiel, S. Gregor: Das letzte rote Jahr


Sascha Lange: Das wird mein Jahr

Aufbau: Berlin, 2011

 

Eine Zusammenfassung und kurze Besprechung auf nahaufnahmen.ch

 

Roy Schneider & Connie Mareth (Hg.):

Haare auf Krawall. Jugendsubkultur in Leipzig 1980 bis 1991

Connewitzer Verlagsbuchhandlung: Leipzig, 1999

 

Bearbeitete und erweiterte Neuauflage bei Backroad Diaries: Fuchshain, 2020

 

Rezension "‚Negativ dekadent‘ in Leipzig – Punk und unangepasste Jugend in der DDR" in der MOZ vom 7.12.2020

 

 

»Monatelang standen wir unten am Rathaus, merken, daß sich immer mehr Leute von uns von dieser großen [Montags-, die Red.] Demo distanzierten. Das geschah einfach aus Angst, und ich nehme mich da gar nicht aus, denn dieser ganze Pulk war eben auch ganz schön bedrohlich. Am Tag als Helmut Kohl in Leipzig war, sind Leute auf uns losgegangen, die eigentlich unsere Väter hätten sein können.«

 

Roy Schneider / Connie Mareth: Haare auf Krawall, S. 223


Ira Wedel: Tine Eisenbeisser

Jacoby & Stuart: Berlin, 2009

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

Matthias Jügler: Die Verlassenen

Penguin: München, 2021

 

Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

 

 

 

Mawil: Kinderland

Reprodukt: Berlin, 2014

 

Rezension "Showdown an der Tischtennisplatte" im Deutschlandfunk Kultur vom 1.10.2014

 

Jana Simon: Denn wir sind anders. Die Geschichte des Felix S.

Rowohlt: Berlin, 2002

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorien Wendebrüche und (Post)migrantische, BPoC & jüdische Perspektiven.

»In den ersten zwei, drei Jahren nach dem Mauerfall zerbrachen fast alle alten Freundschaften. Auch ihre Freundschaft zu Felix ging damals zu Ende. Es war, als sei nicht nur das Land untergegangen, sondern mit ihm auch untrennbar gehaltene Beziehungen. Es war, als bemerkte man das erste Mal seine Unterschiedlichkeit.«

 

Jana Simon: Denn wir sind anders, S. 51


Gregor Sander: Alles richtig gemacht

Penguin: München, 2019

 

Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Rezension "Rotzige DDR-Reste" im Deutschlandfunk vom 18.9.2019 

Claudia Bierschenk: Land ohne Verben

edition überland: Leipzig, 2020

 

Rezension in der Leipziger Zeitung (LZ) vom 4.2.2021

 

Wolfgang Herrndorf: Tschick

Rowohlt Berlin: Berlin, 2010

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Vorstellung von Autor und Werk im NDR Info Zeitzeichen vom 26.8.2018

 

Der Roman wurde als Hörbuch und Hörspiel adaptiert. Auch die Theaterfassung war mit 29 unterschiedlichen Inszenierungen (Stand 2014) ein Publikumserfolg. 2016 folgte die Verfilmung unter der Regie von Fatih Akin.

 

Lorenz Just: Am Rand der Dächer

Dumont: Köln, 2020

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

 

 

 

 

 

Christian Bangel: Oder Florida

Piper: München, 2017

 

Rezension "Mehr Erinnerungsreportage als Roman" im Deutschlandfunk vom 20.2.2018

 

 

 

 

 

 

 


"89 goes Pop" ist Teil des BMBF-Verbundprojekt "Das umstrittene Erbe von 1989"

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