Queer im Osten


Teilnehmer*innen der ersten Lesbentagung in Halle, 1989. Foto: Bettina Flitner (bettinaflitner.de)
Teilnehmer*innen der ersten Lesbentagung in Halle, 1989. Foto: Bettina Flitner (bettinaflitner.de)

Der politisch-gesellschaftliche Umbruch von 1989/90 war natürlich auch für Schwule, Lesben und queere Menschen in der DDR häufig einschneidend. In der DDR war die juristische Situation für Homosexuelle zwar vergleichsweise fortschrittlich. In der Öffentlichkeit jedoch waren queere Menschen lange Zeit kaum sichtbar. Erst in den 1970er Jahren begann ähnlich wie in der  Bundesrepublik eine zunehmende Selbstorganisation, und eine queere Subkultur (v.a. in den größeren Städten) entstand. Damit gerieten Lesben und Schwule jedoch zugleich unter Beobachtung durch die Staatssicherheit und wurden verstärkt unter Druck gesetzt. 

 

In den Romanen und Texten erzählen die Autor*innen – häufig (auto-)biografisch – von ihrer Zeit als Kinder und Jugendliche in der DDR, von Erfahrungen mit Ablehnung und Gewalt in der Familie und im sozialen Umfeld, von schwul-lesbischer, aber auch trans-Selbstfindung und Coming Out sowie von der Suche nach Zugehörigkeit. Der politisch-gesellschaftliche Umbruch von 1989 wird zum Teil sehr unterschiedlich erzählt: Als ein von der Vergangenheit Eingeholt-Werden, als Auftakt zu neuen Sichtbarkeiten und Handlungsmöglichkeiten, aber auch als politische Krise. 


Christoph Hein: Verwirrnis

Suhrkamp: Berlin, 2018

 

Rezension "Geliebt, geschlagen, geknebelt" im Spiegel vom 14.8.2018

 

Passt auch in die Kategorien Coming of Age und Wendebrüche.

Jens Bisky: Geboren am 13. August. Der Sozialismus und ich

Rowohlt: Berlin, 2004

 

Rezension im Deutschlandfunk vom 8.11.2004

 

Passt auch in die Kategorien Coming of Age und Wendebrüche.

»Seit ich Coming Out im Juli 1989 während der Abnahme durch das DEFA-Studio in Babelsberg gesehen hatte, bekamen die Freunde, die in diesen Monaten fast allabendlich vorbeischauten, ihren Kaffee oder Wein mit dem Satz Ich bin doch nicht die Mitropa!‹  auf den Tisch gestellt. Es war einer der Sprüche aus dem Film, die gut in den gespannten Alltag passten. Jeder verstand, was gemeint war, auch wenn ich mich nicht so schwungvoll dazu drehte wie Michael Gwisdek als Kellner einer Schwulenbar. Wer am runden Tisch im Erker von Wolframs Wohnung saß, wusste, dass die Szene mit einem Hier ist jeder allein‹  zu Ende geht.» 

Jens Bisky: Geboren am 13. August, S. 201


Antje Rávik Strubel: Unter Schnee

DTV: München, 2016

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorie Weibliche Perspektiven.

Judith Hodosi: Grenzgänge. Sozialismus, aus der Froschperspektive betrachtet auch: Aus dem Leben eines real existierenden Taugenichts

Judedition: Hamburg, 1995

 

Eine Inhaltsbeschreibung und Besprechung bei GenderWunderland

 

Passt auch in die Kategorie Weibliche Perspektiven.

Daniel Schreiber: Zuhause.

Die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen

Hanser: München, 2017

 

Eine Besprechung von Katrin Göring-Eckardt in der FAZ vom 24.6.2017

 

Passt auch in die Kategorie Provinz.

»In Amerika gibt es das Sprichwort, dass es eines ganzen Dorfes bedürfe, um ein Kind zu erziehen. Es braucht aber auch ein ganzes Dorf, um ein Kind zu misshandeln. Ich wollte die Erlebnisse, die ich als Kind machte, im Alter zwischen vier und zwölf Jahren, lange nur darauf zurückführen, dass ich ein feminin wirkender Junge war, dem man ansehen musste, dass aus ihm später einmal ein schwuler Mann würde. Ich habe sie lange als eine typische Geschichte der Ausgrenzung verstanden, wie sie überall auf der Welt stattfindet, auch heute noch in unserer westlichen Welt, vor allem in ländlichen und entsprechend konservativ geprägten Gegenden. [...] Doch innerlich kann ich meine Erlebnisse als Kind nicht von dem Staat trennen, in dem sie stattgefunden haben.« 

 

Daniel Schreiber: Zuhause, S. 62



O. Wenzel: 1000 Serpentinen Angst, C. v. Mahlsdorf: Ich bin meine eigene Frau, A. R. Strubel: Offene Blende, L. Al-Samarai & P. Piesche (Hg.): Labor 89, A. Osang: Fast hell

 


Matthias Frings: Der letzte Kommunist.
Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau

Aufbau: Berlin, 2008

 

Der Verlagstext und Rezensionsnotizen bei Perlentaucher

 

Passt auch in die Kategorien Wendebrüche und Coming of Age.

»Im Schillerpark gleich vor dem Haus stand das namensgebende Denkmal, eine hoher, schlanker Quader aus schneeweißem Marmor, darauf eine Büste des biestig dreinschauenden Dichters. [...] Fast immer saß eine Taube auf Schillers Scheitel und kackte ihm ins edle Antlitz. Kulturbeflissen, wie DDR-Bürger waren, hatten die vergnügungswilligen Herren sich das Denkmal als Treffpunkt auserkoren. Man umschlich Schiller und traf dabei eine Auswahl. Ronald war der Konkurrenz voraus, konnte er doch eine Liegestätte in Laufnähe anbieten. Unerquicklich wurde die Situation nur, wenn seine Eroberungen beim Frühstück romantisch dreinblickten. Die Leute wollen sich immer verlieben, aber das geht natürlich nicht‹ , sagte er.« 

 

Matthias Frings: Der letzte Kommunist, S. 377


Judith Zander: Johnny Ohneland

DTV: München, 2020

 

Renzension "Das Unmögliche ist allemal besser als das Normale" auf literaturkritik.de

Passt auch in die Kategorien Provinz und Coming of Age.

Christian Fiedler: Ich lebte mich frei

Make a book: Neukirchen, 2015

 

 


"89 goes Pop" ist Teil des BMBF-Verbundprojekt "Das umstrittene Erbe von 1989"

Weitere Informationen unter www.erbe89.de