Hier erscheinen in loser Folge Texte und Analysen zum Thema.
Utopien von 1989 – und wir
Ein Seminar mit Student*innen aus Leipzig und Freiburg/Br.
Die am Tandemseminar (Leipzig-Freiburg/Br.) Beteiligten (von links oben beginnend):
Lisa-Maria Hauck, Elena Marie Lerch, Thekla Funke, Tabea Brenner, Joscha Eckerle, Lara Spät, Maja Degel, Lena Morgenstern, Lara Forster, Mara Biesewinkel, Melina Fröhle, Thore Freitag, Denise Rödel, Sylvia Paletschek, Pia Kuhlmann, Niklas Schlumberger, Jasmin Guhl, Katahrina Sahakian, Miriam Zanoletti, Vera Kruse, Paula Kreutzmann, Birgit Heidtke, Anna Lux
Das Thema Utopien und vergangene Zukünfte stand im Mittelpunkt eines Tandem-Seminars im Wintersemester
2022/23. Student*innen aus Leipzig und Freiburg/Br. trafen sich und diskutierten: Was sind eigentlich Utopien? Welche (konkurrierenden) Vorstellungen von Zukunft gab es in der späten DDR und im
Herbst 1989? Aber auch: Was wurde aus diesen vergangenen Zukünften? Welche Rolle spielen sie im Erinnern? Und: Was haben sie mit uns und unserer Gegenwart zu tun?
Das Seminar führte uns zu Beobachtungen aufs Leipziger Lichtfest am 9. Oktober 2022. Wir diskutierten feministische Texte aus der späten DDR und ihre bemerkenswerte
Aktualität. Wir sprachen über den Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ von Aelrun Goette (2022) und über die Offenheit der Zukunft im Sommer und Herbst 1989. Und wir begaben uns im
badischen Freiburg auf die Spuren sozialer Bewegungen in den 1980er Jahren und entdeckten auch dort Parallelen in der Vorstellung von neuen, anderen Formen von Leben, Arbeiten und
Sein.
Einige Ergebnisse haben wir im Rahmen der Veranstaltung „Der Traum ist NICHT! aus“ im sozio-kulturellen Zentrum die naTo in Leipzig vorgestellt – als Plakate, die ihr hier sehen könnt.
Themen sind:
* Drei(ßig) Stunden Runder Tisch - Utopien damals und heute
* Leipziger Lichtfest – Erinnern oder Event?
* Auf den Spuren Freiburger Utopien
89 goes Pop! Popkultur als Zugang in der Vermittlung über Friedliche Revolution und Transformationszeit
Mit Anna Lux, Dokumentation von Irene Beyer, Freiburg/Berlin, 2022
Anna Lux aus unserem Team war im September online zu Gast im Lernort Keibelstraße Berlin und berichtete dort vom weiten Feld der populären Geschichtsdarstellungen, die sich mit 1989/90, Friedlicher Revolution sowie mit den nachfolgenden Jahren beschäftigen. Dabei gab sie einen Überblick über die verschiedenen Medien und Genres (Romane, Spielfilme, Musik etc.) und stellte auch „89 goes Pop“ vor. Zum anderen wurde anhand konkreter Beispiele über Potentiale und Herausforderungen von Popkultur in der historischen Vermittlungspraxis diskutiert. Der folgende Artikel dokumentiert das Seminar.
„Nur damit du weißt, wo ich herkomm’“ – Die deutsche Großsiedlung in der Rap-Erzählung
Ein Beitrag von Pia Kleine, Berlin, 2022
Die Platte (oder Großsiedlung) im Rap ist ein wichtiger symbolischer und ästhetischer Referenzpunkt für die „Wendezeit“. Sie spielt aber auch eine zentrale Rolle in Rap-Erzählungen aus ‚dem Westen’. Wie genau und mit welcher Funktion, davon handelt der Text von Pia Kleine, der auf ihre Masterarbeit zurückgeht. An diese anknüpfend forscht Pia Kleine seit 2021 in ihrer Dissertation über Erfahrungsgeschichten von Bewohner*innen in deutschen Großsiedlungen seit den 1980er Jahren – und damit über die Zäsur von 1989/1990 hinweg – in einem deutsch-deutschen Vergleich. Potentiell spielen dabei auch Geschichten und Darstellungen aus der Popkultur eine Rolle – und damit verbunden die Frage nach ihrer Relevanz als Quelle für zeitgeschichtliche Fragen. Die Arbeit entsteht in einem Kooperationsprojekt an der HU der Berliner Hochschule für Technik Berlin. Kontakt: Pia.Kleine@bht-berlin.de
DDR und ostdeutsche Erfahrungsräume in der fiktionalen Literatur. Von 1989 bis kurz vor Jetze
Ein Beitrag von Jonas Brückner, Freiburg/Br., 2022
Der Artikel widmet sich im Feld der künstlerisch-kulturellen Auseinandersetzung mit „89ff.“ speziell der fiktionalen Literatur. Ausgangspunkt des Beitrags sind Fragen wie: Wer sind die Urheber*innen der Werke, die sich mit, ’89/’90‘ auseinander-setzen? Welche Geschichtsbilder drücken sich in diesen Werken aus (und welche nicht)? Welche Trends gibt es in Bezug auf die eingenommenen Perspektiven und Stoffe? Der Beitrag betrachtet zunächst überblicksartig die zwischen 1989 und 2020 erschienene Werke. Im Anschluss werden die Fragen entlang des Romans „Superbusen“ von Paula Irmschler exemplarisch diskutiert.
Erinnern stören, Geschichte neu erzählen – Postmigrantische Perspektiven auf 89/90
Ein Beitrag von Katja Binder, Freiburg/Br., 2021
Katja Binder studiert Geschichte und Englisch im Master of Education in Freiburg/Br. und nahm im Sommer 2021 an unserem Seminar über 1989 und populäre Geschichtsdarstellungen teil. Dabei
interessierten sie besonders marginalisierte Perspektiven auf friedliche Revolution und sog. Wendezeit und die Frage, welche Geschichten im öffentlichen Erinnern eigentlich fehlen oder unsichtbar
sind.
Mit Fokus auf postmigrantische Perspektiven eröffnet sie in ihrem Beitrag das Panorama von Darstellungen zum Thema, die gerade auch im Populären ihren Ort finden. Zudem setzt sie sich eingehend
mit dem Buch „Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive“ (2019) auseinander – einem wichtigen Markstein im Diskurs über 89/90 als pluralem Erinnerungsort.
Von Müttern, Russischlehrerinnen und Oppositionellen – Die Darstellung von Frauen in Graphic Novels zu 1989
Ein Beitrag von Rita Krebs, Freiburg/Br., 2021
Rita Krebs ist Studentin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. und studiert Geschichte und Deutsch auf Lehramt im Master of Education. Im Sommer 2020 nahm sie an unserem Seminar "89
goes Pop. Erinnerungen an die 'Wende' in der populären Geschichtskultur" teil. Gerade als zukünftige Lehrerin fand sie spannend, wie in Popkultur historische Inhalte aufbereitet werden. Ihre
Hausarbeit schrieb sie über Frauenbilder in Graphic Novels. Hier stellt sie ihre Ergebnisse vor.
„Die Bodenständigen“ als eine Spezifik ‚des Ostens’?
Anna Lux im Gespräch mit Barbara Thériault, Online Buchmesse, 2020
In ihrem Buch »Die Bodenständigen« veröffentlicht die franko-kanadische Soziologin Barbara Thériault Feuilletons, in denen sie dem Alltäglichen auf der Spur ist. Ihre Beobachtungen in Erfurt und Mitteldeutschland führten die Autorin mitten hinein in die „nüchterne Mitte der Gesellschaft“, ihre Orte, Zusammenkünfte, Lebenseinstellungen. Der Blick ‚von außen’ ermöglicht es ihr dabei, mehr zu sehen, als die Menschen ihr erzählen. Selbstverständliches wird sichtbar, und die „Bodenständigen“ gewinnen in diesem Mosaik aus Texten und Beobachtungen an Kontur.
Vom Ende der Geschichte zu den vielen Geschichten. 30 Jahre "89/90" in Pop und Punk
Ein Beitrag von Jonas Brückner, Freiburg/Br., 2020
Ist die ‚Friedliche Revolution’ eigentlich noch Konsens? Verstärkt ab dem 25-jährigen Jubiläum 2014 und im Zuge des jüngsten Gedenkens kaum noch überhörbar mehren sich die Stimmen, die eine Erzählung vom Umbruch 1989/90 als eine reine Erfolgsgeschichte so nicht stehen lassen wollen. Neben, unter und jenseits der lange Zeit öffentlich dominierenden Erzählung vom Mut des demokratischen und selbstbestimmten Aufbegehrens gegen den Autoritarismus des Staatssozialismus und dem Glücksfall der deutschen Wiedervereinigung gab und gibt es schon immer Stimmen, die dieses Bild ergänzen und differenzieren. Populärkulturelle Werke waren dabei in den letzten 30 Jahren stets Ausdruck und Impulsgeber [...]